Hallo Harry,
ich habe mich lange aus dieser Diskussion herausgehalten, weil wie immer in der Vergangenheit zu diesem Thema viel Unsinn produziert worden ist.
Kommen wir zu dem von dir ganz oben mal angeführten ABARTH 1000 TCR und dessen Sturz an der Hinterachse. Der hatte nämlich ab 1970 kaum einen gehabt. Nicht zu verwechseln mit den heute herumfahrenden Pseudo-TCR, die alle (bis auf ganz wenige Ausnahmen) mit den serienmäßigen 600er HA-Schwingen bewegt werden. Für die Fa. ABARTH stellte sich schon früh das Problem des zu großen Sturzes an der HA (>-3°) bei deren Tieferlegung in Verbindung mit denen damals nur vorhandenen Dunlop Racing 4.50-13. Dieser Diagonal-Rennreifen vertrug diesen Sturz vom Aufbau seiner Karkasse nur bedingt, weil er für sturzkonstante HA (Kutschenstarrachsen) entwickelt worden ist (< ´65). Aus diesem Grund wurden die serienmäßigen HA-Schwingen ab 1968 beim 1000 TCR Corsa Gruppe 5 gegen eine komplette Neukonstruktion aus zusammengeschweissten Rundrohren gebaut, die auch in der 850-Bodengruppe des Scorpione SS verbaut worden sind. Das hatte zur Folge, dass die Anlenkpunkte für die sturzkonstante(re) Hinterachse an der Bodengruppe komplett verändert werden mussten. Ferner wurden die Radhausschalen hinten um 5 cm höher gesetzt, was heute keiner mehr machen muss, weil die heutigen Reifen kein 80er Höhen-Breitenverhältnis mehr haben. So wurde der 1000 TCR in 1970 in der Gruppe 2 homologiert und hatte ab da erst die breiten hinteren Kotflügelbacken, die heute an fast jeder 2. Replika mit falscher Frontschnauze und falschem Karodach verbastelt werden.
Das Problem der früh sterbenden Ruckdämpfern bei steigendem HA-Sturz entgegnete die Fa. Abarth schon früh mit dem Einbau von Kreuzgelenken an den äußeren Antriebsflanschen, und später noch mit homokinetischen Gelenken (CV-joints) an den getriebeseitigen Abtriebsflanschen der 5-Ganggetriebe, was auch dem Rollwiderstand zugute kam . Das haben die Simca-Konstrukteure vorgemacht, die dem 1000er Simca (dem geistigen Halbbruder des 850) Antriebswellen mit Kardangelenken verpasst haben. Weil beim Simca R1,2,3 der Aufwand mit einer Neukonstruktion der HA wie bei Abarth nicht möglich war, sind dort zur Verringerung des Radsturzes zwischen Radlagergehäuse und Achsschwinge Keilplatten zum Einsatz gekommen. Der Rally 2, vorgestellt 1972, kam in den Genuss der Michelin Sport-Reifen XAS-FF (Formular France seit 1968) mit der Rennreifen-Gummimischung, der ihn so erfolgreich bei Slalom.- und Rundstreckeneinsätzen machen sollte. Die Homologationsabteilung von Simca war da schon auf Zack gewesen.
Das konnte man bei Fiat/Abarth für den 850er nicht sagen, weil diese Modellreihe eher stiefmütterlich behandelt worden ist. Da haben im Motorsport auch die Versionen vom OT, OTS, OTR, 1324, 1600 und 2000 OT nicht weitergeholfen, weil diese ab 1324 nicht homologiert worden sind. Deshalb quälen wir uns in der FHR-Langstreckenmeisterschaft auf dem OTS immer noch mit 982 ccm und schlappen 114 PS herum, was mit wenigsten 1300 ccm weitaus konkurrenzfähiger wäre. Leider ist nichts größeres homologiert worden, wie auch kein 5-Ganggetriebe, was wir aber durch einen langen 1. und schön abgestufte 2,3,4 Gänge, wie beim 5-Gang, kompensieren können. Wie so etwas geht kann man sich bei youtube unter
http://www.youtube.com/v/3cqCkAD-kP8 das aktuelle 24h-Classic 2020 Onboard Abarth 1000 OTS von uns in der Startrunde auf der GP-Strecke bis zur Auffahrt auf die Nordschleife ansehen. Von Startplatz 114 gestartet, sind wir als 56. im Gesamt in der Regenschlacht angekommen. Mit Training zusammen waren das 500 Rennkilometer gewesen. Geht doch.
Das Coupe hat den Vorteil, dass in den Radhäusern bis zu 8" breite Felgen je nach ET untergebracht werden können, ohne eine Verbreiterung annageln zu müssen. Bei der Limo geht das leider nicht, da müssen schon ab 7" die Gruppe 2 Verbreiterungen (made bei Schürgers) herhalten. Damit wir auch jahrelang auf dem OT gefahren, der heute im Besitz von Ad van Ling ist.
So zurück zum Sturz an der HA. Dafür gibt es Sportfedern, made by Schürgers. In Verbindung mit Bilstein-Gasdruckdämpfern B-46 555 kommt da ein ganz passables Fahrgefühl heraus. Gewarnt wird vor dem Einbau von PE-Buchsen in der Achsschwinge, die wegen unterschiedlicher Winkelstellungen der Schwingenlager zu Verspannungen beim Aus-Einfedern führt, und letztlich nur der Einbau neuer Estendblocs zu empfehlen ist. Die Einstellung und Vermessung der HA-Vorspur ist sehr wichtig, weil mit der neuen Fahrhöhe eine Veränderung der Vorspurwerte eintreten werden. Aber das wisst ihr ja sicher alle und habt es gemacht.
Der Sturz an der VA ist bei einer Tieferlegung auch immer wieder ein beliebtes Thema, bei dem jede Menge Fehler gemacht werden. Der Einbau einer ABARTH-Blattfeder mit den umgedrehten Endaugen ist nicht so einfach mal plug und play. In der Regel muss das neue Federpaket zerlegt und um eine Blattlage erleichtert werden, wenn nicht sogar das ganze Federpaket beim Federschmied geändert werden muss (Kloos Feder Wuppertal), weil das Auto mit der neuen Feder vorne höher steht als mit der alten Serienfeder

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Das ist aber erst der Anfang. Der obere Querlenker muss an seinen Außenaugen verändert und karosserieseitig mit einem Versatzträger verbunden werden, damit die horizontale Stellung des Querlenkers wieder hergestellt werden kann und der bump bei unserem 3-teiligen Spurstangensystem wieder stimmt. Macht man das nicht, wird das Auto beim Abbremsen immer unfahrbar bleiben, weil die Vorspur zu schnell in den Nachspurbereich hineinläuft. Selbiges trifft auch auf die Einstellung des Nachlaufes zu, der ja auch u.a. durch die Anzahl der Beilagescheiben am oberen Querlenker bestimmt wird. Irgendwann ist da bei einer Tieferlegung und Sturzveränderung Schluss. Wie es da weitergeht, auch mit dem Einsatz von anderen Stabilisatoren, ist den höheren Semestern der Fahrwerkstechnik vorbehalten. Soviel kann gesagt werden, eingebaut wird an der VA der Bilstein-Gasdruckdämpfer B-46 544.
Die Serienfedern der 850er sind von den Grundmassen her alle gleich (Drahtdurchmesser, Innendurchmesser, Windungen, Nutzwindungen), unterscheiden sich jedoch in der unbelasteten Höhe : Limo 243 mm (gelb-grüne Farbmarkierung), Coupe´ 236 mm (weisse Farbmarkierung), Spider 236 mm (braun oder grün-gelbe Farbmarkierung), 226 mm
Lombardi GP (grüne oder gelbe Farbmarkierung). Jetzt kratzt mal alle schön eure mehrfach überlackierten oder verrosteten Federn soweit frei bis ihr die Farbkleckse aus Turin wiederfindet.
Gruss aus dem Fahrwerkdschungel
ABARTH-Klaus